Jüdisches Leben
- 1672 Schutzbriefe des Fürsten Johann Georg II. von Anhalt-Dessau, seitdem Ansiedlung von Juden in Dessau.
- 1686 Gründung der Gesellschaft der barmherzigen Brüder zur Bestattung der Toten und zur Versorgung der Armen.
- 1687 Fürstliche Genehmigung eines Begräbnisplatzes vor dem Leipziger Tor und zum Bau der ersten Synagoge.
- 1729 Nach Brand der Synagoge Neubau an gleicher Stelle fertig gestellt. Geburt von Moses Mendelssohn.
- 1737 – 1743 David Fränckel (1707 – 1762) wird Rabbiner in Dessau und Lehrer des jungen Moses Mendelssohn.
- 1782 Rabbiner Wolf Abraham Nathan schreibt die reformerischen Grundsätze der jüdischen Religion, eine der ersten jüdischen Religionslehren in deutscher Sprache.
- 1785 Jüdisches Lehrer- und Rabbinerseminar gegründet.
- 1799 Gründung einer „Freyschule“ für arme jüdische Knaben.
- 1801 Die Schule wird als „Israelitische Haupt- und Freyschule“ von Fürst Franz sanktioniert, David Fränkel (1779 –1865) wird Direktor.
- 1804 Leibzoll aufgehoben.
- 1806 David Fränkel gründet eine private allgemeinbildende jüdische Töchterschule.
- 1806 – 1848 David Fränkel gibt die Sulamith heraus, die erste jüdische Zeitschrift in deutscher Sprache.
- 1808 Zur Feier des 50. Regierungsjubiläums von Herzog Franz erste Predigt in deutscher Sprache in der Dessauer Synagoge.
- 1809 Herzog Franz erlaubt, dass jüdische Knaben Handwerke erlernen dürfen.
- 1816 Die Dessauer jüdischen Lehrer Joseph Wolf und Gotthold Salomon antworten auf neue judenfeindliche Schriften mit dem Buch Der Charakter des Judentums (…).
- 1817 Itzig Hirsch Cohn eröffnet ein Leihhaus und 1833 eine Sparkasse.
- 1818 In Dessau leben unter 9.136 Einwohnern 807 Juden.
- 1821 Annahme von bleibenden Familiennamen angeordnet, ab 1822 ist die Führung von Geburts-, Heirats- und Sterberegistern in der Israelitischen Kultusgemeinde obligatorisch. 1825 Vereinigung des jüdischen Gymnasiums mit der Franzschule.
- 1832 Der Sohn des Itzig Hirsch Cohn, Moritz Cohn, wird Teilhaber im Geschäft seines Vaters, später Bankier, Privatbankier von Kronprinz Wilhelm von Preußen (später König und Kaiser Wilhelm I).
- 1834 In Folge der Stadtreform wird die Beschränkung des Wohnsitzes der Juden auf die Sandvorstadt gelockert.
- 1848 Am 29.10. bestimmt die Verfassung von Anhalt-Dessau-Köthen die Gleichberechtigung der Konfessionen, die Aufhebung aller diskriminierenden Beschränkungen für Juden, die Zivilehe. Juden werden Staatsbürger.
- 1849 Jüdische Kinder besuchen staatliche Schulen. Die „Franzschule“ wird staatliche Handelsschule. Das frühere „Gymnasium“ dient dem jüdischen Religionsunterricht.
- 1869 Gleichberechtigung der Juden durch Gesetz des Norddeutschen Bundes.
- 1871 Gleichberechtigung der Juden wird Reichsgesetz. In Dessau leben unter 17.459 Einwohnern 721 Juden.
- 1879 Feier zum 150. Geburtstag von Moses Mendelssohn.
- 1886 Der Rabbiner von Dessau ist als vom Herzog ernannter Landesrabbiner von Anhalt Staatsbeamter und der Regierung unterstellt, zur Hälfte aus der Staatskasse (1920 aufgehoben), zur Hälfte von der Kultusgemeinde als Ortsrabbiner bezahlt.
- 1889 Neubau des Schul- und Rabbinerhauses. Gründung der Anhalt-Loge U.O.B.B. Unabhängiger Orden B’nai B’rith („Brüder des Bundes“).
- 1890 In den Bahnhofsanlagen wird ein Denkmal für Moses Mendelssohn aufgestellt: eine Büste auf einem Sockel in einer Brunnenanlage.
- 1902 Der Friedhof wird beträchtlich erweitert und ein Pförtnerhaus gebaut. In Dessau leben unter 50.844 Einwohnern 454 Juden.
- 1903 In Berlin stirbt die Tochter von Moritz Cohn, Baronin Julie von Cohn-Oppenheim, Ehrenbürgerin der Stadt Dessau. Ihr Vermögen vererbt sie der Stadt Dessau und der Israelitischen Kultusgemeinde zu gleichen Teilen.
- 1906 Am 14.5. Grundsteinlegung für die neue Synagoge und das Gemeindehaus. Kapelle auf dem jüdischen Friedhof errichtet.
- 1908 Am 18.2. Einweihung der neuen Synagoge.
- 1919 Mit Entstehung des Freistaates Anhalt entfällt die staatliche Aufsicht über die Israelitische Kultusgemeinde.
- 1921 Gründung des Landesverbandes der Anhaltischen Israelitischen Kultusgemeinden, Vorsitzender: [Dr. Isidor Walter](/chronik/biografien/walter-isidor, Rabbiner in Dessau.
- 1929 200. Geburtstag von Moses Mendelssohn gewürdigt mit Festveranstaltungen, Gründung der Moses Mendelssohn Stiftung zur Förderung der Geisteswissenschaften.
- 1932 Mai Nach den Landtagswahlen (NSDAP mit 41,6 % stärkste Partei) wird in Anhalt die erste Regierung unter Führung der NSDAP gebildet. Antisemitismus wird Landespolitik.
- 1933 Am 24.1. stirbt der langjährige Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Dr. Hermann Cohn, Martin Alterthum wird sein Nachfolger.
- Am 1.4. Boykott jüdischer Geschäfte, Ärzte und Rechtsanwälte. Entlassung von Juden aus dem anhaltischen Staatsdienst. Emigration von Dessauer Juden, vorwiegend nach Palästina.
- In Dessau leben unter 78.634 Einwohnern ca. 400 Juden.
- Das Denkmal für Moses Mendelssohn wird vom Bahnhofsvorplatz entfernt. Es wird auf dem jüdischen Friedhof aufgestellt.
- 1934 Neuer Vorsitzender der jüdischen Gemeinde wird Dr. Erich Sonder.
- 1935 Mit den „Nürnberger Gesetzen“ verstärken sich auch in Dessau die Diffamierungen.
- 1938 Am Morgen des 9.11. veröffentlicht die Dessauer Zeitung „Der Mitteldeutsche“ in einem hetzerischen Aufruf die Namen und Adressen von 203 in Dessau (einschließlich Roßlau) lebenden Juden. Ab Nachmittag Pogrom: Zerstörung und Plünderung jüdischer Geschäfte und Wohnungen, die Synagoge und das Gemeindehaus brennen, die Kultgegenstände werden vernichtet, bedeutender Kulturbesitz geht verloren. Am nächsten Tag werden die jüdischen Männer in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt. Der Israelitische Friedhof ist weitgehend zerstört, auch das Denkmal für Moses Mendelssohn. Die Ruinen von Synagoge und Gemeindehaus werden auf Kosten der Gemeinde abgetragen.
- Es folgt die „Arisierung“ jüdischen Eigentums. Jüdische Kinder dürfen nicht mehr die staatlichen Schulen besuchen. Wenigen Juden gelingt noch die Flucht.
- 1939 Otto Potzernheim amtiert als Vorsteher der Israelitischen Kultusgemeinde.
- 1941 Beginn der Massendeportationen von Juden in Arbeits- und Vernichtungslager.
- 1945 Von den Dessauer Juden, die auf der Liste vom 9.11.1938 standen, leben noch elf Frauen und ein Mann.
- 1947 Gründung einer Israelitischen Religionsgemeinschaft mit 16 Mitgliedern, später der Synagogengemeinde Magdeburg angeschlossen.
- 1992 Jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion kommen auch nach Dessau.
- 1994 Gründung der Jüdischen Gemeinde zu Dessau. Ihr religiöses und kulturelles Zentrum befindet sich im ehemaligen Rabbinerhaus in der Kantorstraße 3.
- 2019 Grundsteinlegung für die neue Synagoge.
- 22. Oktober 2023 Einweihung der neuen Synagoge „Weill-Synagoge“.